Das erste Konzert des Jahres 2012 spielte Cara, eine international besetzte Irish-Folk-Band, die uns bei ihrem zweiten Auftritt in der Alten Saline erneut sehr erfreute.

Auch Barbara Titze, die für das Reichenhaller Tagblatt (am 16.1.12) berichtete, war voll des Lobes. Hier ihre Kritik:

 

Irischer können selbst waschechte Iren nicht sein

Die Folkband "Cara" riss im Bad Reichenhaller Magazin 4 alle mit

BAD REICHENHALL - Einer von den vier Mitgliedern der Band muss immer mit dem Flugzeug anreisen, erzählt die gut gelaunte Frontfrau Gudrun Walther, denn sie kommen aus recht unterschiedlichen Ecken. Sie selber ist Pfälzerin, Jeana Leslie stammt von den Orkney-Inseln "auf dem Weg nach Norwegen", Ryan Murphy, der siebenfache All-Ireland-Champion des irischen Dudelsacks ist der einzige Ire unter ihnen, und mit dem Gitarristen Jürgen Treyz haben sie sogar einen Schwaben dabei. Alle zusammen bilden sie die irisch-deutsche Folkband "Cara". Die Stücke schreiben oder arrangieren sie selber, inspiriert natürlich vor allem von irischer Volksmusik, aber durchaus auch mit bulgarischen, schwäbischen und anderen Anklängen.

Die dunkelhaarige Gudrun gibt den Ton an, mal mit der Geige oder dem Akkordeon, mal mit ihrer wunderbar warmen Stimme. Gut dazu passt die blonde Jeana Leslie, die wie eine echte Wickingerbraut aussieht, am Klavier ebenso wie mit der Geige glänzt, genauso talentiert singt und versucht, "Englisch" zu sprechen, was durch ihren Orkney-Akzent zwar eingefärbt erscheint, aber für das gespannt lauschende Publikum im gut besuchten Magazin 4 durchaus zu verstehen ist.

Charmant und witzig erklären die beiden Frauen abwechselnd die Texte der englischsprachigen Lieder und Balladen, die, wie in Irland üblich, oft von unerfüllten Lieben und Sehnsüchten, von Seefahrern, Piraten und dem weiten Meer erzählen. Der erste Song handelt von dem Geist William, der umgeht und seine Liebste Lady Margaret sucht. Schaurig erklingt dazu das hohle, dünne Pfeifen der Querflöte. Beim zweiten Lied ist das Publikum schon mit Klatschen und Körpereinsatz dabei, als die beiden Geigen temperamentvoll aufspielen. Etwas zum Träumen ist der "Ardkeen Boat Song" von Patricia Clark, der dadurch Seltenheitswert hat, dass der Seemann in diesem Lied überlebt. Normalerweise endet das Schicksal der Seemänner in irischen Liedern blutig, entweder verunglückt und ertrinkt er oder seine Frau betrügt ihn, worauf er sie töten muss, oder er betrügt sie und wird von ihr ermordet. Den Refrain "Haul away boys, haul away", der wie ein langgezogenes Ruderkommando klingt, singen die Zuhörer begeistert mit.

Witzig ist der Titel des Liedes "The arm in the Cow", das Gudrun Walther für einen befreundeten Tierarzt geschrieben hat. Aber auch die anstrengende Arbeit von Arbeitern in den Baumwollfabriken, ein Ikea-Sofa, das auf der Autobahn verloren geht oder der ausgiebige Genuss von Bier fließen in die aussagekräftigen Texte der Gruppe ein. Manche Refrains sind irische Zungenbrecher, aber das Publikum ist willig und singt eifrig mit.

Das Leben von zwei "Pirate Queens", die im 18. Jahrhundert, als Männer verkleidet, auf den Meeren ihr Unwesen trieben, faszinierte Gudrun Walther so, dass sie auch hierzu ein Lied schrieb. Als die beiden Frauen Mary Read und Anne Bonny mitsamt der Besatzung ihres Schiffes kurz nach dem erfolgreichen Entern eines Schiffes selber festgesetzt wurden, lag ihre Mannschaft bereits betrunken unter Deck und war nicht mehr imstande, zu kämpfen. Alle wurden zum Tode verurteilt, aber da beide Frauen schwanger waren, hielt man sie bis zum Zeitpunkt der Geburt gefangen, um sie erst danach zu hängen. Anne konnte fliehen, Mary starb in Port Royal an Fieber. Entsprechend melancholisch ist auch die Ballade über ihr trauriges Schicksal. Aber der guten Stimmung im Magazin 4 tat dies keinen Abbruch, dafür sorgten die temporeichen und mitreißenden Stücke, die neben den ruhigen Songs gespielt wurden. Der schwäbische Gitarrist Jürgen Treyz legte sich so ins Zeug, dass sogar eine Saite an seiner Gitarre riss.

Das Publikum war den ganzen Abend begeistert, es wurde gejohlt, gepfiffen, geklatscht und mitgesungen. Und so kamen auch die deftigeren Geschichten gut an, wie die von dem Mädchen, das dem König mit auf sein Schloss folgen soll, aber erst sehen will, was er denn da zwischen seinen Beinen hat. Und während er beschäftigt ist, ihr sein gutes Stück zu zeigen, schwingt sie sich auf sein "Ferrari-Pferd", denn dieses "Ding zwischen seinen Beinen" war es, was sie wirklich interessierte. Oder das Lied vom schönen Mädchen, das immer vor der Kneipe im Hafen sitzt und stickt und von allen Seemännern bedrängt wird. Schließlich fällt ihr ein, dass der Vater nicht da ist, und erhört einen Seemann. Sie lässt die Vorhänge herab und er die Hose, da tritt der Vater die Tür ein. Der Seemann rettet sich mit einem Sprung durchs Fenster und lässt seine Hose mit dem Geldbeutel zurück. Vater und Tochter teilen sich das Geld, er kauft eine neue Tür und sie setzt sich wieder vor die Kneipe und stickt. In irischen Liedern kommt eben alles vor, was das Leben so mit sich bringt.

Nach mehreren Zugaben endet der fröhliche Abend. Und obwohl nur einer aus der Band wirklich Ire ist, hat man das Gefühl, irischer können selbst waschechte Bürger der Grünen Insel auch nicht musizieren. "Long distance now" (so der Name des Programms, Anm. Redaktion) ist auf jeden Fall ein Erfolg.