Liebe Blues-Fans, wie Ihr sicher alle mitgekriegt habt, ist Louisiana Red am 25.02.2012 im Alter von knapp 80 Jahren in seiner neuen Heimat Hannover gestorben. Ein knappes Jahr zuvor durften wir ihn live auf der Bühne des Magazin 4 erleben. Er hat uns damals sehr beeindruckt und werden ihn und seinen Auftritt in der Alten Saline nicht vergessen. Leb wohl, Iverson!

 

Hier noch der Bericht von Katharina Stockhammer, die für das Reichenhaller Tagblatt vom 18.3.2011 schrieb:

 

 

Der alte Mann und seine Liebe zur Musik

 

Louisiana Red und die Al-Jones-Band

zelebrieren den Blues im Magazin 4

 

BAD REICHENHALL – Im Januar und Februar war der rührige Senior in Ghana/Westafrika, jetzt ist er Gast in der Salinenstadt. Die Rede ist von Mr. Louisiana Red, seines Zeichens eine „graue Eminenz“ des traditionellen Blues. Er ist mit Al Jones gekommen, der seine Band mitgebracht hat. Und weil dieser der jüngere von beiden ist, darf Jones sozusagen als „Einpeitscher“ das Konzert eröffnen.

Der gebürtige Oberpfälzer, Sohn eines amerikanischen GI's hat sich längst einen Namen in der internationalen Blues-Szene gemacht. Mit „Baby What You Want Me To Do“, einer geschmeidigen Nummer von Jimmy Reed aus den späten 1950er Jahren, die es sogar in die  „Blues Hall of Fame“ geschafft hat, beginnt der Abend standesgemäß. Das Publikum, unter das sich diesmal erstaunlich viele ältere Herrschaften gemischt haben, kommt sogleich in Stimmung. „All Your Love“ aus der Feder von Otis Rush und „Bittersweet“, der Song, der dem Jones-Album von 2005 seinen Namen gab, tun das Ihre dazu.

Schon jetzt setzen auch seine Musiker Maßstäbe, allen voran der Saxophonist Thilo Kreitmeier. Der Münchner und sein Instrument geben dem gesamten Vortrag einen exquisiten jazzigen Anstrich. Immer wieder gibt es spontanen Extra-Applaus für den gebürtigen Schwabinger. Gemeinsam mit dem lässig agierenden Schlagzeuger Peter Kraus spielt er nicht nur in der Al-Jones-Band. Beide begleiten ansonsten den bekannten Pianisten Christian Willisohn bei seinen Auftritten. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Zusammenspiel perfekt ist. Ergänzt wird das Quartett durch Uwe Knüppel am Bass, der die dicken Saiten nicht nur zur rhythmischen Unterstützung seiner Kollegen benutzt, sondern ganz eigene Klangvarianten hinzufügt.

Nach diesem kraftvollen Auftakt wird es andächtig im vollbesetzten Barraum des Magazin 4. Die vier Musiker verlassen ihre Plätze und langsam wird ein älterer Herr zur Bühne gebracht. Recht wacklig ist der Senior auf den Beinen und froh, mitten auf dem Podium einen Sitzplatz vorzufinden. Doch dann greift Louisiana Red, der große alte Mann des Blues, zur Gitarre und eine wunderbare Metamorphose findet statt: Mr. Red wird zu einem hingebungsvollen Akteur, der scheinbar alterslos ist. Er zelebriert den Blues, der für ihn ein unerschöpflicher  Jungbrunnen zu sein scheint.

„I'm Louisiana Red“ ist das erste Stück, genau wie auf seinem aktuellen Album „Back to the Black Bayou“. Es geht eine unglaubliche Energie von dem fast 80-jährigen Künstler aus, wie beflügelt legt er los. Den Rhythmus gibt sein Fuß vor, später  das klatschende Publikum. Auch „I Come from Louisiana“ präsentiert er als Solist, dann kommen Al Jones und seine Jungs wieder dazu.

Zwischendurch erzählt Louisiana Red kurze Geschichten zu den einzelnen Songs, die für den weniger geübten Zuhörer mit Schul-Englisch-Kenntnissen jedoch nur sehr schwer zu verstehen sind. Doch das macht nichts. Seine Fans wissen ohnehin, dass Mr. Red viele Begebenheiten aus seinem turbulenten Leben, das besonders in der Kindheit tragisch verlief (die Mutter starb kurz nach seiner Geburt, der Vater wurde vom Ku-Klux-Klan ermordet, als er gerade 5 Jahre alt war), in seine Lieder einbaut.

Schicksalhaft war seine Begegnung mit mit Muddy Waters, einem der besten Bluesmusiker aller Zeiten. Ihn bewunderte der junge Iverson Minter, wie Louisiana  eigentlich heißt. Waters beeinflusste das weitere künstlerische Leben des jungen Iverson stark. Er bezeichnete ihn später sogar als seinen Sohn, und dass Louisiana das legitime Erbe von Waters und Co.  angetreten hat, ist nicht zu überhören.

Al Jones wiederum könnte der Sohn von Louisiana Red sein. Als er mit seiner Band erneut die Bühne betritt, wird es richtig groovig. Die ersten Tänzerinnen erheben sich und machen ihrem Bewegungsdrang Luft – der Sound ist ja auch ausgezeichnet dazu geeignet. Al Jones, seines Zeichens immerhin schon knapp 60 Jahre alt und seit mehr als 30 Jahren eine fixe Größe im Blues-Business, wechselt ganz selbstverständlich in die Rolle des hervorragenden Begleitgitarristen und Backgroundsängers, bescheiden wie er als Ziehsohn nun mal ist. Es ist eine wahre Freude, die euphorisierten Künstler zu erleben.

Nach der Pause gibt es weitere Highlights:„I Need You So Bad“ von Samuel Maghett und „Don't Change Your Mind“ vom Al-Jones-Album „Sharper Than A Tack“, „It Takes Time“ von Otis Rush. Mr. Red kommt dann mit seinem „Crime in Motion“ nicht minder ambitioniert hinzu und beweist eine beachtliche Kondition. Denn zusammen mit seiner Ehefrau Dora ist er erst kurz vor Veranstaltungsbeginn aus seiner zweiten Heimat Hannover angereist. Doch wer auf seinem vollen Tourplan 2011 noch Auftritte in Schweden, den USA, Italien, Polen, Norwegen und den Niederlanden zu absolvieren hat, kann sich natürlich kein geruhsames Rentnerleben leisten – Respekt!

Mit „At The Zanzibar“ und dem genial interpretierten Rock'n'Roll-Klassiker „Johnny B. Goode“ von Chuck Berry geht ein mitreißender Abend zu Ende. Die Zugaben sind rasant, auch Louisiana Red macht das Tempo der Jungen mit. Sein „Alabama Train“ ist der würdige Abschluss eines grandioses Konzerterlebnisses.